Die Zeche Waltrop und die Halde Brockenscheidt
Wo früher am südlichen Stadtrand von Waltrop Kohle gefördert und hart gearbeitet wurde, ist ein lebendiges Gewerbe- und Freizeitgebiet entstanden. Hier an der Sydowstraße stehen die verbliebenen denkmalgeschützten Gebäude der Zeche Waltrop. Im Jahr 1907 begann die Förderung auf dieser Schachtanlage, die zwei Schächte besaß. Schacht I und II lagen nicht ganz 100 Meter auseinander und besaßen eigene Maschinenhäuser.
Erhalten sind neben den Maschinenhäusern die Verwaltung und Lohnhalle, Kaue, Magazin und Lampenstube, die Turbinenhalle, Zentralmaschinenhalle und Lokschuppen. Die Schachtgerüste und angrenzende Gebäudeteile zwischen den Maschinenhallen und der Halde sind verschwunden und einer Grünanlage gewichen, in der aufgerichtete Seilscheiben kleine Denkmäler darstellen. Die angrenzende Halde ist Teil dieser Grünanlage. Mit dem begehbaren Spurwerkturm besitzt sie eine Landmarke und einen Aussichtsturm mit perfektem Überblick über das Gelände. Neue Straßen und Wege sind entstanden. Ihre Namen „Richtstrecke“, „Querschlag“ oder „Landabsatz“ beschreiben Begriffe aus dem Bergbau.
In der folgenden Übersicht sind Zeche und Halde gut zu erkennen. Eingetragen sind die wesentlichen Orte, die heute zu besuchen sind, und die Halde Brockenscheidt mit ihrem Aussichtsturm auf der Spitze. Im Beitrag werden Zeche und Halde näher vorgestellt.
Informationen zum Besuch:
Das Gelände kann jederzeit frei besichtigt werden. Einige der Hallen sind zu Öffnungszeiten von Manufactum zugänglich, andere nur zu besonderen Anlässen. Die Halde ist auch ständig begehbar. Aber der Spurwerkturm ist im Moment leider nicht zugänglich.
Anreise mit dem Auto:
Auf der A2 bis zur Ausfahrt 12 Dortmund-Mengede. Aus allen Richtungen links abbiegen auf die Emscherallee Richtung Waltrop. Nach ca. 4 km hinter dem Sportplatz rechts in die Berliner Straße abbiegen. Dieser Richtung Lünen / Selm bis kurz vor den Ortsausgang folgen. Nach etwa 2,5 km im Kreisverkehr rechts in den Landabsatz abbiegen. Direkt an der Halde befindet sich neben der Zeche Waltrop ein großer Parkplatz.
Zieleingabe ins Navigationssystem: Landabsatz oder Sydowstraße in Waltrop
Anreise mit Bus und Bahn:
Von Dortmund Hbf. oder Stadtmitte mit der U41 bis zur Endstation Lünen-Brambauer Verkehrshof (ca. 25 Minuten Fahrtzeit). Dort umsteigen in den Bus der Linie 284 bis Waltrop-Sydowstraße (eine davor zum Bereitmachen: Elmenhorst; Fahrtzeit ca. 8 Minuten). Von hier aus zu Fuß entweder durch die Sydowstraße bis zur Hiberniastraße und dann links oder zurück bis zum Kreisverkehr und dann rechts in die Straße Landabsatz. Der Fußweg beläuft sich auf etwa 700 Meter.
Anreise mit dem Fahrrad / E-Bike:
In der Nähe der Halde verläuft der Rundkurs Ruhrgebiet. Auch von der nahen Römer-Lippe-Route ist ein Abstecher möglich.
Kartenmaterial / Literatur:
In den folgenden gedruckten Rad- und Wanderkarten und Tourenführern ist die Zeche Waltrop bzw. die Region abgebildet: ADFC Regionalkarte radrevier.ruhr Ost* (1:50.000), Kompass Fahrradkarte Ruhrgebiet / Bergisches Land* (1:70.000) und BVA Radwanderkarte Kreis Recklinghausen* (1:50.000).
Diese thematisch passenden Bücher empfehle ich zur Vertiefung: Wanderbare Halden: Die schönsten Revier-Wandertouren mit Aus- und Weitblick* und Halden, Himmel, Horizonte: Die Gipfel des Reviers*.
Koordinaten für GPS-Geräte und zur Tourenplanung
Geographische Koordinaten: 51°36’59.90″N, 7°25’16.79″E – Spurwerkturm
Die Koordinaten können in das Eingabefeld z. B. von GoogleEarth und OpenStreetMap kopiert werden.
UTM-Koordinaten (Zone 32): 390703 m, 5719581 m – Spurwerkturm
Nützliche Informationen zum Lesen der Koordinaten und Verwendung in GPS-Geräten bietet der Beitrag Anreise, GPS und Co.
Die Zeche Waltrop
Heute belegen Firmen die Gebäude. Besonders hervorzuheben ist Manufactum, das sich auf langlebige, ressourcenschonende und leicht zu reparierende Produkte aus natürlichen Rohstoffen konzentriert. Kurzum geht es dabei um das Thema Nachhaltigkeit, was durchaus im Kontrast zur früheren Kohleförderung und somit die Förderung fossiler Brennträger steht. Neben der Unternehmens-Verwaltung in der Zentralen Maschinenhalle findet man hier einen großen Verkaufsraum in der ehemaligen Kaue. Ein Sonderverkaufsraum ist in der Maschinenhalle I untergebracht. Dazu kommt der Lebensmittelladen „brot &butter“, der ebenfalls treu auf die Themen Nachhaltigkeit und Regionalität setzt. Außerdem ist in der alten Lohnhalle eine Gaststätte zu finden. Nicht zuletzt dies ist ein Zeichen dafür, dass der einst verbotene Raum um die Zeche gerne besucht und besichtigt wird.
Ein Rundgang über das Zechengelände
Schauen wir uns zunächst die Zeche von außen an, die durch ihre schöne Architektur und den guten Gebäudezustand auffällt. Die Anlagen sind, ähnlich wie auf den Zechen Zollern oder Zollverein, einheitlich und aufeinander abgestimmt. Einen guten Überblick erhält man von der Halde aus, doch dazu kommen wir später noch einmal. An den bedeutenden Gebäuden klären Informationsschilder über ihre Funktion auf.
Maschinenhalle I / II
Am Tag des offenen Denkmals im September 2017 hat mich der Weg nach Waltrop geführt. Es lag praktisch am Weg zwischen zwei anderen Zielen des Tages. Durch etwas Glück hatte ich auch etwas mehr Zeit als gedacht im Gepäck und konnte mir den Ort in Ruhe anschauen. Es ergab sich im Zuge des Denkmaltags die Gelegenheit, die im Obergeschoss liegende Fördermaschine I / II zu besichtigen. Von der Empore bietet sich ein Blick auf den erwähnten Sonderverkauf von Manufactum, der im Erdgeschoss untergebracht ist. Wie die übrigen Gebäude von außen wirkt auch die Maschinenhalle wunderschön renoviert und in gutem Zustand. Ebenso wie die Fördermaschine. Stühle, für eine Gesellschaft aufgestellt, und Stehtische mit Blumensträußchen abseits davon könnten ein Hinweis darauf sein, dass die Maschine den festlichen Rahmen für Veranstaltungen bietet. In diesem Falle offensichtlich für eine Hochzeit.
Die Zentral-Maschinenhalle
Die Verwaltung von Manufactum befindet sich in der über 60 Meter langen Schalter- und Zentralmaschinenhalle der Zeche Waltrop. Dieses Gebäude liegt zwischen der Maschinenhalle I / II, der Kantine und dem heutigen Manufactum-Warenhaus am zentralen Platz. Es hat eine Ziegelstein-Architektur mit auffallend großen Fenstern an den langen Seiten und große, abgeteilte Rundbogenfenster auf den Stirnseiten. Zum Platz hin führt eine Treppe zu einem schönen Portal zur Halle.
Beim Tag des offenen Denkmals 2021 war ein Blick in das Verwaltungsgebäude von Manufactum möglich. In diese Zentralmaschinenhalle wurden auf einem Stahlgerüst drei offene Etagen mit Büroräumen errichtet. Die ganze Konstruktion besteht überwiegend aus Holz, Stahl und Glas. Über offene Galerien werden die Büros erschlossen und sind über mehrere Treppen, darunter ein rauchgeschütztes Treppenhaus sowie eine Aufzugsanlage, miteinander verbunden. Die Gestaltung wirkt modern, gleichzeitig aber sehr luftig und offen. Erhalten sind Teile der Deckenkonstruktion oder Außenwände der Halle. Offenbar kann die Halle für kleinere Veranstaltungen genutzt werden, denn zum Zeitpunkt des Besuchs fand kurz zuvor eine Hochzeitsfeier dort statt.
Die folgenden Fotos zeigen das heutige Verwaltungsgebäude bzw. die ehemalige Maschinenhalle von innen. Aus Datenschutzgründen wird auf Details der Büros verzichtet. Ich danke an dieser Stelle für Möglichkeit zur Besichtigung der Halle.
Maschinenhalle III / IV
An einem weiteren Gebäude befand sich nicht nur eine Informationstafel zur Maschinenhalle III / IV. Hier war auch die Tür einladend geöffnet. Und ein Besucher kam gerade heraus. Oben wurde ich bereits herzlich von einem Mann empfangen, der offensichtlich von der Firma als freiwilliger Helfer eingesetzt wurde. Und es stockt der Atem: Die alte Doppel-Dampffördermaschine von Schacht II ist erhalten geblieben. Sie wurde vollständig in die Architektur und die moderne Büroeinrichtung integriert. Sie bildet praktisch das Herz der Büros.
Rings um die Maschine befinden sich Büroräume mit Glastüren. Eine Treppe führt mittig zwischen den beiden Zylindern in ein neu geschaffenes Obergeschoss, das teilweise auf Pfeilern ruht, die geschickt neben die Maschine in die Halle integriert sind. Diese Etage ist in der Mitte geöffnet, sodass sich eine umlaufende Galerie ergibt und große Teile der Maschine von oben betrachtet werden können. Diese Galerie ist vollständig ebenfalls durch gläserne Büros umgeben. Die Dampfmaschine ist grau gestrichen mit zum Teil verschiedenen Graustufen und besitzt noch viele Details – von Leitern und Geländern über Öler und elektrische Anlagen bis zu den Seilscheiben. Die folgenden Bilder zeigen die Maschinenhalle III / IV mit der in die moderne Bürolandschaft integrierten alten Fördermaschine. Die Firma existiert heute nicht mehr in der Halle.
Über die reguläre Besichtigungsmöglichkeit außerhalb des Tages des offenen Denkmals konnte ich bisher keine Informationen erhalten. Die Geschäftsräume von Manufactum und die Gastronomie sind zu den auf der offiziellen Webseite des Unternehmens angegebenen Öffnungszeiten besuchbar.
Wichtiger Hinweis für Rollstuhlfahrer oder mobilitätseingeschränkte Personen: Einige der im Beitrag beschriebene Hallen sind nur über Treppen zu erreichen. An verschiedenen Stellen gibt es Rampen oder andere Hilfen.
Tipp des Autors:
In der Nähe befindet sich das Colani-Ufo auf dem Förderturm von Schacht IV der Zeche Minister Achenbach. Nicht weit entfernt ist auch das Schiffshebewerk Henrichenburg im Schleusenpark am Dortmund-Ems-Kanal.
Ausführliche Informationen zur Anreise mit dem Auto, Bus und Bahn oder dem Fahrrad finden Sie am Anfang des Beitrags.
Internetseite von Manufactum: www.manufactum.de
Halde Brockenscheidt
Direkt am Zechengelände erstreckt sich die Halde Brockenscheidt, die selten auch als Halde Waltrop bezeichnet wird. Der Name Brockenscheidt geht auf eine alte Bauerschaft zurück. Sie überragt die Umgebung um etwa 15 Meter und ist damit am höchsten Punkt 82 Meter über dem Meeresspiegel hoch. Ihre Gesamtfläche beträgt etwa 6,5 ha. Den Körper der in Südwest-Nordost-Richtung verlaufenden langen Halde könnte man in drei fast gleichgroße Teile aufteilen. Dabei ist der Mittelteil weitgehend frei von Bewuchs. Die Kopf-Enden sind bewaldet. Ähnlich wie auf der Halde Haniel in Bottrop können Besucher hier einen Kreuzweg gehen. Dazu bilden gestaltete Kreuze aus Eisen die entsprechenden Stationen.
Der Spurwerkturm auf der Halde
In der Mitte der Halde steht ein besonderer Aussichtsturm, der Ähnlichkeit hat mit dem Tetraeder auf der Halde Beckstraße. Er wurde vom Castrop-Rauxeler Künstler Jan Bormann aus Spurlatten errichtet. Diese Spurlatten dienen im Bergwerk dazu, Förderkörbe in einem Schacht am Rand zu führen.
Die als Spurwerkturm bezeichnete Aussichtsplattform wurde im Mai 2000 eröffnet. Sie bietet Besuchenden auf 12 m Höhe über der Halde einen Blick über das Zechengelände und die Stadt Waltrop. Besondere Landmarken im Blickfeld sind das Colani-Ufo am Technologiezentrum Lüntec in Lünen-Brambauer und die Halde Minister Achenbach. Neben dem Unterschied, dass der Spurwerkturm im Gegensatz zum Tetraeder aus Holz und nicht aus Stahl und Eisen ist, handelt es sich bei diesem Objekt um einen Fünfflächner. Es ist also eine vier- statt dreiseitige Pyramide.
Ausführliche Informationen zur Anreise mit dem Auto, Bus und Bahn oder dem Fahrrad finden Sie am Anfang des Beitrags.
Diese Halde wird im Reiseführer „Wanderbare Halden“ von Nikola Hollmann & Andrea Slavik beschrieben und ist dort Teil einer Wanderung, die außerdem weitere interessante Ziele in der Umgebung vorstellt. Wanderbare Halden: Die schönsten Revier-Wandertouren mit Aus- und Weitblick*
Die Halde Brockenscheidt ist außerdem ein „grüner Glücksort“ im gleichnamigen Buch von Thomas Dörmann. Unter dem Leitsatz „Geh raus & blüh auf“ bietet es 80 Ziele aus den grünen Parks, Halden und Landschaften im Ruhrgebiet: Grüne Glücksorte im Ruhrgebiet*