Wasser für das Ruhrgebiet: Der Möhnesee
Das Wasser kommt aus dem Hahn. Das ist heute eine Selbstverständlichkeit. Aber es ist ein großer Aufwand, eine Metropolregion mit knapp 5 Millionen Einwohnern, den größten Siedlungsraum in Deutschland, zuverlässig mit Wasser zu versorgen. Hinzu kam insbesondere am Anfang des 20. Jahrhunderts mit Beginn und fortschreitender Industrialisierung ein hoher Wasserverbrauch durch Industrie und verarbeitendes Gewerbe im Ruhrgebiet. Über 15 Kilometer außerhalb der Grenzen des Ruhrgebiets gelegen, ist der Möhnesee einer der wichtigsten Puzzlesteine für die zuverlässige Wasserversorgung im Ruhrgebiet. Seine Relevanz für die Metropolregion ist so groß, dass im 2. Weltkrieg diese weit entfernte Talsperre zerstört wurde, mit dem Ziel, die Trinkwasserversorgung und die Produktion im Ruhrgebiet zum Erliegen zu bringen.
Heute ist der Möhnesee einer der beliebtesten Seen in Nordrhein-Westfalen und bietet viele Angebote für Sport- und Freizeit-Aktivitäten. Zwischen der Sperrmauer mit dem Ausgleichsweiher bei Günne bis zur Kanzelbrücke am Zulauf bei Völlinghausen gibt es zahlreiche Möglichkeiten für Sport am Ufer, am oder auf dem Wasser.
Die folgende Karte zeigt einen Überblick auf den Möhnesee. Eingezeichnet sind Ziele, die im Beitrag teilweise vorgestellt werden, die Anlegestellen der MS Möhnesee und des Shuttleboots und einige ausgesuchte Parkplätze (tlw. gegen Gebühr). Mit der Maus oder dem Finger kann je nach Gerät interaktiv zwischen der historischen und der aktuellen Situation gewechselt werden. Zu sehen sind die kleinen Weiler, Straßen und Brücken über die Möhne, deren Standorte vom Wasser bedeckt ist.
Informationen zum Besuch:
Die Uferbereiche, Sperrmauer und übrigen öffentlichen Anlagen sind natürlich ständig frei zugänglich. Es gibt ein weitläufiges Netz von Wanderwegen. Mit Ausnahme der Sperrmauer können diese auch von Radfahrern genutzt werden.
Das Fahrgastschiff MS Möhnesee fährt im Sommerhalbjahr täglich zwischen 11.00 Uhr und 16.00 Uhr. Das Shuttle-Boot mit Abdock-Mannöver bei voller Fahrt findet nur an bestimmten Tagen statt. Für Fahrplan und Saison bitte die Internetseite der Möhneseeschifffahrt beachten. Für das Fahrgast-Schiff fallen Kosten (auch für Hunde) an. Eine Fahrradmitnahme ist möglich. An Bord gibt es Toiletten und Verpflegung.
Einige Parkplätze sind kostenpflichtig. Kostenfrei ist z.B. der am Torhaus (in der Karte etwa in der Mitte). Vor allem in den Orten, aber auch an der Sperrmauer und am Torhaus befinden sich zahlreiche Einkehrmöglichkeiten.
Informationen zur Anreise:
Anreise mit dem Auto:
Auf der A44 bis zur Ausfahrt 56 Soest / Möhnesee und aus Richtung Ruhrgebiet links, aus Richtung Kassel rechts abbiegen auf die B229 Arnsberger Straße. Dem Verlauf bis Delecke folgen. Dort je nach Ziel…
► Zur Sperrmauer im Kreisverkehr rechts auf die Linkstraße / Möhnestraße und ca. 2,5 km bis zum Parkplatz an der Sperrmauer fahren.
► Nach Körbecke im Kreisverkehr links abbiegen.
► Zum Südufer / Torhaus geradeaus auf der B229 und den See überqueren. Hinter der Brücke befindet sich bereits ein erster Parkplatz, ca. 2 km dahinter ein zweiter großer (gebührenfreier) am Torhaus.
Zieleingabe ins Navigationssystem: z.B. Möhnestraße oder Arnsberger Straße in Möhnesee
Anreise mit Bus und Bahn:
Der Möhnesee ist nur über Umstiege und Kombination von Bahn und Bus zu erreichen. Er liegt außerhalb des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr. Von Dortmund oder Unna mit der RB 59 bis zum Endbahnhof Soest, von Dortmund, Hamm oder Paderborn mit dem RE 1 oder der RB 89 bis Soest und von dort aus weiter mit dem Bus.
Anreise mit dem Fahrrad / E-Bike und für Wandernde:
Der komplette See wird durch den Möhnetal-Radweg erschlossen, der wiederum bei Neheim auf den RuhrtalRadweg trifft. Für Wanderer ist der WestfalenWanderWeg interessant, der von Hattingen kommend bis Altenbeken verläuft und auch den Möhnesee erschließt.
Kartenmaterial / Literatur:
In den folgenden gedruckten Rad- und Wanderkarten und Tourenführern ist der Möhnesee bzw. die Region abgebildet: ADFC-Regionalkarte Sauerland* (1:75.000) und Kompass Wanderkarte Sauerland 1* (1:50.000).
Quellen und weitere Informationen:
Gemeinde Möhnesee: www.moehnesee.de
Pegelstände der Seen des Ruhrverbands: www.talsperrenleitzentrale-ruhr.de
Möhneseeschifffahrt MS Möhnesee und Körbecke: www.moehneseeschifffahrt.de
Landschaftsinformationszentrum (LIZ): www.liz.de
Der Möhnesee – das „Westfälische Meer“
In der nördlichen Schwelle des Sauerlands zwischen Arnsberg und Soest wurde von 1908 bis 1913 im Tal der Möhne bei Günne die große Möhnetalsperre gebaut. Die hier auf Schildern sogenannte Sperrmauer wurde nötig, da im Ruhrgebiet die Nachfrage nach Brauchwasser zur Industrie-Produktion und Trinkwasser für die zunehmende Bevölkerung stark anstieg. Eine Hauptaufgabe ist die Regulierung des Wasserstands der Ruhr, in die die Möhne weiter westlich bei Neheim fließt. Mit dem Stausee sollte auch in trockenen Zeiten genügend Wasser für Bevölkerung und Industrie- und Waffenproduktion im Ruhrgebiet vorgehalten werden.
Die Errichtung einer Talsperre im Möhne- und Hevetal
Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand eine ganze Reihe von kleineren Stauseen im Einzugsgebiet der Ruhr, die zum Teil ebenfalls unter dem Motto „Wasser für das Ruhrgebiet“ auf diesen Internetseiten vorgestellt werden (z. B. Hennesee in Meschede, Hasper Talsperre in Hagen, Glörtalsperre in Breckerfeld). Diese bestehenden Stauseen reichten in einigen trockenen Jahren aber nicht aus. Im Jahr 1905 wurde daher die Idee zur Errichtung einer weiteren großen Staumauer am Zusammenfluss von Möhne und Heve diskutiert. Während das Hevetal eher dünn besiedelt war, mussten den Fluten im Möhnetal einige Orte, Gehöfte (Bauernhöfe) und auch Straßen weichen. Zu nennen sind insbesondere der Ort Delecke, der fast vollständig aus dem Möhnetal ans Nordufer umgezogen ist, und die kleine Ortschaft Kettlersteich, wo der noch heute als Wanderweg existierende sogenannte „Rennweg“ zum Torhaus begann.
Am 12. Juli 1913 wurde die Talsperre eröffnet. Die Mauer hat eine Höhe von ca. 40 Metern über der Talsohle und eine Kronenlänge, also auf der Oberseite, von ca. 600 Metern. Der Fahrweg auf der Mauer hat eine Breite von ca. 6 Metern. Neben der Regulierung des Ruhr-Wassers dient der Stausee der Stromproduktion. Ein Kraftwerk liegt am Ausgleichsweiher, dem tiefgelegenen Überlaufbecken an der sogenannten „Luftseite“ der mächtigen Sperrmauer.
Auf fast 10 Kilometern Länge folgt der See heute dem alten Talgrund bis zur Kanzelbrücke bei Völlinghausen und passiert die Orte Günne, Delecke und Körbecke, die allesamt zur Gemeinde Möhnesee gehören. Der See verläuft dabei in Ost-West-Richtung parallel zum Höhenzug Haarstrang, der ihn im Norden von der flachen Soester Börde und der Stadt Soest trennt. So lässt sich beispielsweise vom neuen Aussichtsturm in Südrichtung die weitläufige Waldlandschaft des Sauerlands entdecken, nach Norden hin reicht der Blick über den Haarstrang in die Börde und ins Münsterland.
Mit dem Hevearm (von Einheimischen sowohl wie das Backtreibmittel „Hefe“ als auch „Hewe“ ausgesprochen) erhält der See seinen charakteristischen Haken und die Halbinsel. Bedingt durch die Größe ist der See ein vor allem auch für Zugvögel genutzter Rastplatz. Die Heve und Möhne verlaufen durch zwei Vorbecken, deren Staudamm sich jeweils unterhalb einer Straßenbrücke (südlich vom Torhaus und südlich von Stockum) befindet. Diese Becken dienen der Ablagerung von mitgeführtem Sand und Erdboden, der sogenannten Sedimentation.
Rad- und Wanderwege um den See
Besonders gut genutzt von Spaziergängern, Radfahrern oder Inline-Skatern sind die Randwege, die beispielsweise zwischen Sperrmauer und dem Ausflugslokal „Torhaus“ sowie über die Halbinsel an der Delecker Mark und am Südufer entlangführen. Eine Rad-Rundtour zwischen Sperrmauer, Delecke, Torhaus und Sperrmauer auf Rad- und Wanderwegen sowie straßenbegleitenden Radwegen zwischen Günne und Delecke ist je nach Strecke etwa 14 Kilometer lang. Als thematischer Wanderweg ist der „Klangpfad“ zu empfehlen. Am Wochenende ist die Halbinsel der Delecker Mark (westlich vom Torhaus) oder auch Heve-Halbinsel ruhiger als der klassische Weg an der Sperrmauer.
Hier verläuft zwischen den Parkplätzen am Torhaus und an der Delecker Brücke die „Naturpromenade“. An zahlreichen Stationen werden Themen rund um Gewässer, Tier- und Pflanzenwelt vor allem für Personen mit Sehbehinderungen und Mobilitätseinschränkungen und mit verständlicher Sprache sowie mit Brailleschrift vorgestellt. Taktile Streifen markieren auf dem asphaltierten Weg den Zugang zu diesen Stationen. Auch die sogenannten Bastionen, drei Aussichtsplattformen über dem Wasser entlang dieser Promenade, sind mit Rollstühlen oder Kinderwagen zugänglich. Der Rennweg führt quer über die Heve-Halbinsel und weiter bis zum Möhneseeturm.
Auf dem See entdeckt man häufig Segler und Angler, aber auch zum Tauchen ist er beliebt. Auf dem Wasser verkehrt das Fahrgastschiff MS Möhnesee, das von der Sperrmauer aus eine Rundtour über das Hevetal und Delecke zurück zur Sperrmauer macht. Einmalig ist das Andockmanöver des Shuttle-Bootes MS Körbecke bei voller Fahrt (Termine und Wasserstand beachten!). Die Fahrt dauert etwa eine Stunde.
Die Möhnekatastrophe 1943
Vor allem durch die Abhängigkeit des Ruhrgebiets von der Möhnetalsperre wurde diese im 2. Weltkrieg zu einem Ziel der Alliierten, die Großmächte, die im Krieg gegen Deutschland kämpften. Mit der Zerstörung dieser Mauer wollten die Alliierten die Produktion der Rüstungsindustrie im Ruhrgebiet massiv stören. Unter dem englischen Namen „Operation Chestise“ (bedeutet auf Englisch „Operation Züchtigung“) gelang es im Mai 1943 durch spezielle Rollbomben, den Mittelteil der Mauer zwischen den beiden Türmen von der Wasser-Seite aus zu sprengen.
Durch die daraus resultierende Flutwelle, die sich mitten in der Nacht durch das Möhne- und Ruhrtal wälzte, kamen über 1.000 Menschen ums Leben, große Teile ufernaher Besiedlung und Infrastruktur (zum Beispiel Brücken oder Eisenbahnstrecken) wurden zerstört. Einen großen Einfluss auf die Rüstungsindustrie hatte diese Aktion allerdings nicht – insbesondere Zivilisten und Kriegsgefangene waren die Opfer. Noch heute sind Relikte dieser Katastrophe sichtbar, zum Beispiel die nur eingleisig wiederaufgebaute Eisenbahnbrücke in Fröndenberg oder die Ruinen des zerstörten Klosters Himmelpforten, die nur wenige Kilometer flussabwärts von der Mauer als Mahnmal zu besuchen sind.
Informationen und Tipps zur Anreise finden Sie ganz oben.
Koordinaten für GPS-Geräte und zur Tourenplanung
Geographische Koordinaten:
51°29’22.85″N, 8° 03’33.39″E – Sperrmauer (Möhnetalsperre)
51°28’31.85″N, 8° 04’15.72″E – Anlegestelle Hevearm
51°28’39.61″N, 8° 10’57.91″E – Kanzelbrücke
Die Koordinaten können in das Eingabefeld von beispielsweise GoogleEarth und OpenStreetMap kopiert werden.
UTM-Koordinaten (Zone 32):
434687 m, 5704701 m – Sperrmauer (Möhnetalsperre)
435483 m, 5703115 m – Anlegestelle Hevearm
443245 m, 5703262 m – Kanzelbrücke