Tiger & Turtle – Magic Mountain im Angerpark
Seit 2011 steht auf dem Gipfel einer Halde im Angerpark in Duisburg eine der bekanntesten Skulpturen und Landmarken im Ruhrgebiet: eine begehbare Achterbahn, die den interessanten Namen „Tiger & Turtle“, also Tiger und Schildkröte, trägt. Sie steht zwischen Duisburg und Düsseldorf im Angerland, einem kleinen Landstrich am rechten Rheinufer an der Grenze des Ruhrgebiets zur Landeshauptstadt.
Sofort wurde Tiger & Turtle eine beliebte Attraktion, wird sowohl am Tag als auch bei der Beleuchtung in der Dunkelheit gerne besucht und zählt seitdem zu den bekannten Landmarken im Ruhrgebiet wie auch der Tetraeder auf der Halde Beckstraße, die riesige Grubenlampe auf der Halde Rheinpreußen oder auch die Himmelstreppe auf der Halde Rheinelbe.
Zink-Halde und Heinrich-Hildebrand-Höhe
Doch kommen wir zunächst zur Zinkhalde, dem Magic Mountain, unter der Achterbahn. Zunächst war Duisburg im Jahr 2005 um eine hochkontaminierte Fläche als Erbe einer in diesem Jahr stillgelegten Zinkhütte im Ortsteil Hüttenheim reicher. An dieser Stelle befand sich eine mit zahlreichen Giftstoffen angereicherte Werksdeponie. Für das Werksgelände wurde noch im selben Jahr als Neunutzung die Errichtung eines Logistikstandortes sowie in dem Zusammenhang die Sanierung des Bodens beschlossen.
Sowohl Bodenmaterial als auch Abbruchgestein der Gebäude des Werks wurden daraufhin auf die bestehende Deponie geschafft, die schließlich mit Kunststoffbahnen versiegelt wurde. Auf diesen ist eine dicke Erdschicht aufgebracht, die dem heutigen Hügel seine Form gibt. Es erfolgten die Anpflanzung von Bäumen und Büschen und das Anlegen eines kleinen Wegenetzes für die künftige Freizeitnutzung.
Benannt ist der so entstandene Berg nach dem Heimatforscher Heinrich Hildebrand (1927-2004), der sich nach seiner Pensionierung akribisch mit der Geschichte von Wanheim und Angerhausen beschäftigte. Er wurde auf dem Friedhof beerdigt, der sich im Norden direkt an die nach ihm benannte Anhöhe anschließt. Seit 2008 ist der Park für die Bevölkerung zugänglich. Der höchste Punkt liegt auf 78 m ü. NN und damit ca. 50 Meter über der Umgebung.
Im Jahr 2009 hat die Stadt Duisburg einen internationalen Künstlerwettbewerb zur Konzeption und Errichtung einer Landmarke auf der ein Jahr vorher entstandenen Heinrich-Hildebrand-Höhe ausgeschrieben. Verschiedene Entwürfe sahen u.a. den Nachbau des Felsens Delicate Arch im Arches Nationalpark in Utah in den Vereinigten Staaten oder die Errichtung eines hohen Stahlgitters in Kaminform vor, das mit der Zeit sehr symbolisch für das Ruhrgebiet durch Rankpflanzen begrünt werden würde.
Die Achterbahn auf der Halde
Sieger des Wettbewerbs und letztendlich realisiert wurde der Entwurf von Heike Mutter und Ulrich Genth, der unter dem Titel Tiger & Turtle – Magic Mountain eine begehbare Achterbahn vorsah. Eine Achterbahn mit ihren typischen Windungen, Schleifen und einem Looping, wie man sie von Jahrmärkten, Kirmesveranstaltungen oder Freizeitparks kennt.
Dabei stehen im Namen Tiger & Turtle zwei Tiere in ihrer Laufgeschwindigkeit gegenüber, eben die schnelle Wildkatze und das langsame Panzertier. Eine Interpretation ist, dass die Skulptur von weitem den Eindruck schneller Bewegung macht, typisch Achterbahn eben, sich in Wirklichkeit aber die Menschen bergauf und bergab über die Treppenstufen langsam wie eine Schildkröte bewegen.
Eigentlich bereits zum Kulturhauptstadtjahr 2010 vorgesehen, wurde die neue Großskulptur im Duisburger Süden erst im November 2011 eröffnet:
Ein Spaziergang über die Achterbahn
Sie bildet sich aus zahlreichen Kurven und Kehren. Dabei besteht die „Fahrbahn“ aus 249 Stufen, die je nach Steigung und Gefälle unterschiedlich steile Treppen bilden. Besonders ins Auge sticht der große Looping in der Mitte, der den höchsten Punkt markiert. In der Realität ist dies bei gewöhnlichen Achterbahnen, die einmal am Lifthill hochgezogen nur noch der Schwerkraft folgend bergab fahren, eine physikalische Unmöglichkeit. Praktisch jeder, der die Skulptur zum ersten Mal besucht, fragt sich, wie sich die Überwindung des Loopings verhält.
Die Materialien greifen typische Industriezweige der Vergangenheit auf und bestehen aus verzinktem Stahl. Das eindrucksvolle Bauwerk hat eine Höhe von 20 Metern, die Gesamtlänge beträgt 220 Meter. Aus Gründen der Schwerkraft und der bisher mangelnden Anpassungsfähigkeit des Menschen daran ist der Looping verständlicherweise nicht begehbar, der nutzbare Weg verkürzt sich also um 20 auf 200 Meter.
Sowohl von der Achterbahn als auch von der Plattform der Anhöhe mit Sitzgelegenheiten und Informationstafeln bietet sich ein guter und weiter Blick über das Umland und die Stadt Duisburg. Bei gutem Wetter ist die Skyline der Landeshauptstadt Düsseldorf mit den bekannten Hochhäusern und dem Rheinturm scharf sichtbar.
Der Angerpark wird im Reiseführer „Wanderbare Halden“ von Nikola Hollmann & Andrea Slavik beschrieben und ist dort Teil einer Wanderung, die außerdem weitere interessante Ziele in der Umgebung vorstellt. Wanderbare Halden: Die schönsten Revier-Wandertouren mit Aus- und Weitblick*
Tiger & Turtle bei Nacht
Legt sich die Dunkelheit über das Land, wird die Landmarke „Tiger & Turtle“ auf der Heinrich-Hildebrand-Höhe durch hunderte LED-Module entlang der Geländer illuminiert. Natürlich ist auch zu dieser Zeit die Achterbahn frei zugänglich und ein auch trotz später Stunde gut besuchtes und bewundertes Ziel von Familien und Hobby-Fotografen.
Die Aussicht hat sich im Vergleich zur Tagesversion natürlich verändert: Die Stadt Duisburg ist ein Meer von Lichtern, hohe Türme stechen durch Positionslampen auch in der Dunkelheit hervor. Die benachbarten Industrieanlagen und das Kraftwerk bilden dabei besondere Kulissen. Bei klarer Sicht erkennt man auch die nächtliche Skyline der Landeshauptstadt.
Für den Weg auf den Berg ist es nachts möglich, sich ohne Taschenlampe zurechtzufinden. Mit einer eingeschalteten Lampe ist man selbst allerdings schneller erkennbar für andere Personen und Radfahrende.
Wie bei allen anderen nächtlichen Landmarken auf dieser Seite ist eine Ortskenntnis vom Tage vorteilhaft, hier allerdings nicht unbedingt notwendig. Es gibt im Grunde nur einen Weg nach oben.
Verlängerung des Angerparks zum Rheinportal Angerort
Neben der Achterbahn auf der Hildebrand-Höhe hat der Park eine etwas versteckte weitere Sehenswürdigkeit. Etwa 700 m lang ist der Weg, der vom Angerpark entlang des Flusses zum Rheinportal Angerort läuft. Hier wird der Park als schlauchartige Form bis zum Rhein geführt. Am Ende des Weges befindet sich eine kurze, stegförmige Aussichtsplattform hoch über dem Rheinufer, der Zugang dazu zwängt sich etwas zwischen Hochspannungsmast und Zaun vom Logistikstandort hindurch.
Die Aussicht beschränkt sich auf einen kleinen Ausschnitt des Rheins, auf dem sich immerhin zahlreicher Betrieb in Form von Frachtschiffen zeigt. Nett, aber das andere flache Ufer bietet da sicher sehr viel mehr Einblicke. Spannender ist noch die Tatsache, dass sich am anderen Ufer des Angerbachs mit einem unscheinbaren (und im Sommer unter dem Laub gar nicht sichtbaren) Gebäude der Rest des ehemaligen Schlosses Angerort befindet.
Tipp des Autors:
Tiger & Turtle gehören zu den Zielen im Ruhrgebiet, die man sich ohne zu zögern anschauen und auch Familienangehörigen aus anderen Bundesländern zeigen kann. Der Besuch ist trotz des Bergaufstiegs wenig anstrengend und spannend auch für Kinder. Dennoch ist es möglich, andere Ziele in der Umgebung wie den Duisburger Zoo (mit echten Tigern und Schildkröten) zu kombinieren. Die, die „Ruhrgebiet in 3 Tagen“ abhandeln möchten, könnten von hier aus zum Landschaftspark Duisburg-Nord fahren und hier eine weitere der großen Sehenswürdigkeiten anschauen.
Information zum Besuch:
Der Angerpark ist ständig frei zugänglich. Die Skulptur „Tiger & Turtle“ (die begehbare Achterbahn) kann ebenfalls ständig bestiegen werden. Ausnahmen bilden gefährliche Wetterlagen (Sturm, Eis und Schnee, Gewitter) und Überfüllungen. Der Looping ist nicht begehbar. Der Zugang für Kinder unter 3 Jahren ist nicht gestattet. Das Tragen von Stöckelschuhen, Inline-Skatern, Rollern o.ä. ist ebenso verboten. Kinder dürfen nicht auf Schultern getragen werden.
Die Skulptur an sich kann ausschließlich über Treppen, die in ihrer Zusammensetzung unterschiedlicher Höhe und Steilheit die „Fahrbahn“ bilden, erkundet werden. Somit ist die eigentliche Anlage nicht barrierefrei. Über lange Rampen ist zumindest der Platz auf dem Gipfel stufenfrei erreichbar.
Da die Treppen der Achterbahn Metallgitter sind, können Besuchende hindurchschauen. Personen mit Höhenangst könnten auch aus diesem Grunde Probleme beim Betreten der Skulptur bekommen. Die Geländer rechts und links sind ähnlich wie bei Brücken sehr hoch und stabil.
Das Plateau an der Skulptur bietet einige Sitzmöglichkeiten zum Rasten und Ausruhen, einen Fahrradständer und Informationstafeln. Es gibt noch keinerlei oder kaum Beschattungen durch Bäume o.ä., sodass der Aufstieg im Sommer in der prallen Sonne für empfindliche Menschen dringend zu überdenken ist.
Anreise mit dem Auto:
Auf der A59 aus Richtung Duisburg / A40 bis zur Ausfahrt 14 Duisburg-Buchholz. Rechts abbiegen auf die Sittardsberger Allee. Nach ca. 2 km rechts halten auf der Mündelheimer Straße. Nach 600 m rechts abbiegen auf die Kaiserswerther Straße. Nach 600 m links abbiegen in die Berzeliusstraße. Hier am linken Rand (vorher wenden) parken.
Alternativ auf der Mündelheimer Straße noch 1 km weiter fahren und rechts abbiegen in die Ehinger Straße. Hier befindet sich direkt vor dem Angerpark eine begrenzte Anzahl von Parkplätzen auf beiden Seiten der Straße.
Die beiden Parkmöglichkeiten sind in der Luftbildkarte des Angerparks mit der als Geländerelief markierten Heinrich-Hildebrand-Höhe eingezeichnet.
Zieleingabe in das Navigationssystem: Berzeliusstraße oder Ehinger Straße, Nähe Kreuzung Richard-Seiffert-Straße in Duisburg
Anreise mit Bus und Bahn:
Mit den Linien des Nah- und Fernverkehrs bis Duisburg Hbf. Von dort mit der Straßenbahn der Linie 903 Richtung Hüttenheim / Mannesmann Tor 2 bis zur Haltestelle Tiger & Turtle (eine davor zum Bereitmachen: Rheinstahl). Die Haltestelle liegt direkt neben einem Zugang zum Angerpark, die „Achterbahn“ ist bereits von der Station deutlich sichtbar.
Anreise mit dem Fahrrad / E-Bike:
Direkt am Angerpark führen der Radfernweg Rhein-Radweg und der Erlebnisweg Rheinschiene vorbei. Sie verlaufen hier parallel zu den D-Netz-Routen D7 (Pilgerroute) und D8 (Rheinroute).
Kartenmaterial / Literatur:
In den folgenden gedruckten Rad- und Wanderkarten und Tourenführern ist der Angerpark bzw. die Region abgebildet: ADFC Regionalkarte radrevier.ruhr West* (1:50.000), Kompass Fahrradkarte Niederrhein* (1:70.000) und Rhein-Radweg Teil 4: Niederrhein · Von Köln nach Hoek van Holland*.
In diesen Reiseführern oder Büchern ist das Ziel als Beitrag thematisiert: Wanderbare Halden: Die schönsten Revier-Wandertouren mit Aus- und Weitblick*
Diese thematisch passenden Bücher empfehle ich zur Vertiefung: Halden, Himmel, Horizonte: Die Gipfel des Reviers* und Photo Location Guide Ruhrgebiet: Fotografiere die besten Fotospots im Pott*
Koordinaten für GPS-Geräte und zur Tourenplanung
Geographische Koordinaten:
51°22’32.04″N, 6°44’16.94″E – Skulptur Tiger & Turtle
51°22’46.55″N, 6°43’40.01″E – Rheinportal Angerort
Die Koordinaten können in das Eingabefeld von beispielsweise GoogleEarth und OpenStreetMap kopiert werden.
UTM-Koordinaten (Zone 32):
342572 m, 5694018 m – Skulptur Tiger & Turtle
341872 m, 5694489 m – Rheinportal Angerort
Mithilfe der Zeit-Funktion in GoogleEarth lassen sich historische Bilder aus der Zeit vor dem Abriss der Hütte und der ursprünglichen Deponie jenseits der Ehinger Straße anzeigen!
Nützliche Informationen zum Lesen der Koordinaten und Verwendung in GPS-Geräten bietet der Beitrag Anreise, GPS und Co.